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Ich bin es leid - die Zweite

Die neue Motorradsaison lockt mit warmen Sonnenstrahlen – für mich Zeit die Suzuki fit zu machen!
Dabei wurde mir schon wieder vor Augen geführt, was viele Vertreter des männlichen Geschlechts von mir erwartet und welche Rollenzuschreibungen ich anscheinend nicht erfülle.

 

Als ich vor der Garage die frisch geladene Batterie einbaue, kommt der Nachbar, mustert mich, um mich dann zu fragen, ob so eine Maschine nicht etwas zu schwer für ein solch kleines Mädchen sei.

Nicht das erste Mal, dass ich mit Mädchen angesprochen werde. Von der Frechheit der dritten Person Singular mal abgesehen, frage ich mich im Alter von 27 Jahren langsam, wann ich eine Frau sein darf und wann es endlich normal ist, auch ohne blöde Kommentare als Frau Motorrad fahren zu können.

 

In Amerika dürfe man nur ein Motorrad fahren, das man auch eigenhändig aufrichten könne, ergänzt mein weiser Nachbar. Zwischen den Zeilen: In Amerika dürftest du dieses Motorrad überhaupt nicht fahren. Danke für den Hinweis. Interessiert mich nicht.

 

Der Motoradfahrer*in mit Köpfchen ist natürlich bewusst, dass das Aufrichten einer Maschine vielmehr mit Technik als mit reiner (Mannes-)Kraft zu bewältigen ist. Zählt für meinen Nachbar jedoch nicht. Mit einer Handbewegung wischt er mein Wissen weg. In seiner Logik verhält sich die Körpergröße proportional zur Kraft. Kleine Leute sind schwach, große stark. Ich bin klein, also schwach und somit nicht in der Lage, Motorrad zu fahren.

 

Ich bin es so leid! Mir ist es ziemlich schnuppe, was ich in Amerika angeblich darf oder nicht. Ich kann sehr wohl Motorrad fahren. Ich bin mit Motorrädern aufgewachsen. Ich saß mit neun Monaten das erste Mal im Motorradgespann und verbrachte dort den Großteil meiner Kindheit. Duft von verbranntem Benzin erinnert mich an Urlaub, Dreck und Abenteuer. Mit 16 Jahren der erste Führerschein. Mit meiner Honda CBR 125 fuhr ich von einer Jugendparty zur nächsten. Mit 18 sogar durch Marokko. Danach folgte der zweite Motorradführerschein. Seitdem fahre ich meine Suzuki SV 650. Ob durch Frankreich, Italien, Deutschland oder die Alpen, alles schon gemacht. Nach einer vierjährigen Pause sitze ich seit letztem Jahr wieder im Sattel. Natürlich ist die große Maschine eine Herausforderung, aber eine, die Spaß macht. Das reicht mir und das sollte auch allen Zweifler*innen reichen.

 

Ich pass nicht in dein weibliches Rollenbild? Dann halt doch einfach deine Schnüss und lass mich in Ruhe Motorrad fahren! 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Nicki (Sonntag, 19 April 2020 01:11)

    Hoffe, du hast ihm das auch so sagen können. Was für ein Vollidiot!

  • #2

    Jutta (Sonntag, 19 April 2020 09:38)

    Genieße dein Motorrad fahren und lasse dir durch solche Sprüche nicht die gute Laune vermiesen.

    DLHZG von Gegenüber ;-)